Eine in Deutschland einmalige militärische Anlage der Römer
Trotz der Größe von mehreren Fußballfeldern ist nach fast 2000 Jahren landwirtschaftlicher Nutzung oberflächig vom Lager nichts mehr zu sehen. Eine viersprachige Informationstafel, ist neben dem vormaligen Haupteingang so aufgestellt, dass man die Größe des Lagers und dessen äußere Umwehrung gut nachvollziehen kann. Die Hinweistafel zeigt den vielfältigen Ansatz moderner archäologischer Herangehensweisen und wo diese in der Lagerfläche zur Anwendung kamen.
Der Text auf der Hinweistafel vor Ort lautet:
"Vor 1960 Jahren hätten Sie hier 40 Schritte vor dem Haupteingang (porta praetorla) (10) eines römischen Lagers gestanden. Das Doppeltor, rund 20 m breit, reichte an die linke Seite des Teerweges heran. Das Holz-Erde-Lager war knapp 8 Hektar groß und gehört zu den größten militärischen Anlagen der Römer in Rheinland-Pfalz. Gesichert wurde es durch einen doppelten Spitzgraben mit dahinter liegendem Erdwall, der wahrscheinlich mit Mauern aus Rasensoden stabilisiert war. Alle 20 bis 30 m standen Holztürme auf vier Pfosten, in den abgerundeten Ecken größere auf sechs Pfosten. Das Lager umfasst den Südtell des Ehrlich bis zu dessen Steilabfall nach Bad Ems. Dort, nahe der Remy-Brücke, vermutet man den Flusshafen, über den das Lager versorgt wurde. Die Innenfläche bot Platz für ca. 3.000 Soldaten in Zelten oder leichtgebauten Holzunterkünften.
Jürgen Eigenbrod vom Verein für Geschichte, Denkmal- und Landschaftspflege Bad Ems e.V. suchte seit 2013 nach den Spuren eines römischen Bauernhofs (villa rustica) auf dem Ehrlich. Dieser stand auf der Fläche der aufgelassenen Kiesgrube, 200 m nordwestlich von hier (1). Bei der Suche nach weiteren Anhaltspunkten stieß er 2016 auf eine verdächtige Wuchsstörung im Acker halblinks von Ihnen. Verursacht wird sie durch zwei parallel verlaufende, abgerundete Wehrgräben; sie waren der untrügliche Hinweis auf die Nordwestecke des Lagers (2).Eine Sondierungsgrabung der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz 2016 zeigte: Der äußere Graben war nur schwach ausgeprägt, der innere ein beispielhafter römischer Spitzgraben. Seine Spitze liegt 1,80 m unter der Oberfläche (3). In der geomagnetischen Prospektion (5,8), der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg kontrastieren die Wehrgräben, Tore, Eck- und Zwischentürme und Störungen im Innenbereich. Letzterer wurde aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung und Bebauung nur teilweise untersucht. Zwei Lehrgrabungen der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. 2017 und 2018 ergaben, dass das Lager zwischen 60 und 70 n. Chr. errichtet wurde. Eine Militärbasis dieser Größe und in dieser Zeit (rund 40 - 50 Jahre vor dem Bau des Limes) rechts des Rheins Ist singulär. Vermutlich diente es nicht nur der Sicherung des Lahntals als potentieller Einfallsroute der germanischen Chatten, sondern auch dem Versuch Roms, die Silbervorkommen der Region auszubeuten. Unter Kaiser Nero gerieten die Staatsfinanzen in Schieflage. Das Ende der Anlage kam jäh, Kampfspuren fehlen. Das Chaos des Vierkaiserjahres 68 n.Chr. und nachfolgende Aufstände könnten die Römer zum Abzug und Niederbrennen veranlasst haben. Hier und im römischen Kleinkastell auf dem Blöskopf (in ca. 2 km Entfernung auf der anderen Talseite gelegen) kam ein weitgehend identisches Fundspektrum zutage, vor allem Keramik. Das deutet auf die Gleichzeitigkeit beider Anlagen hin. Das Kleinkastell auf dem Blöskopf dürfte der Bewachung eines Bergbaureviers gedient haben. Vor Ort finden Sie weitere Hinweise.
Der Dank aller Beteiligten gilt Herrn Werner Beisel für dessen Hinweise und Bereitschaft, die Grabungen auf seinen Ländereien zu unterstützen."